Das sozialrevolutionäre Netzwerk von Einzelprojekten, das im Jahre 2022 sich den Namen Antipolitisch-Sozialrevolutionäre Tendenz (AST) gab und diese Plattform veröffentlichte, hatte davor bereits eine zwei Jahrzehnte währende Geschichte.
Im Jahre 1999 trennten sich die miteinander befreundeten Genossen Red Devil aus Lübeck und Nelke aus Bad Salzungen (Thüringen) endgültig von der trotzkistischen Politideologie und entwickelten sich Richtung Rätekommunismus. Red Devil und Nelke hatten auch Kontakt zu Cajo Brendel, der nicht nur in ihrer Erinnerung weiterlebt.
In Lübeck entwickelte sich Revolution Times/Bibliothek des Widerstandes – wobei es Revolution Times schon vorher als rotes Skinheadfanzine gab. In der Bibliothek des Widerstandes erschienen zwischen 2000 und 2010 insgesamt 13 Broschüren. Unter anderem: 17 Juni 1953 – Arbeiteraufstand oder Konterrevolution? (August 2000), Die Kronstadt-Rebellion. Alle Macht den Sowjets, nicht den Parteien! (Januar 2001), Auschwitz als Alibi. Kritik des bürgerlichen Antifaschismus (Januar 2001), Frankreich 1968: Rebellion im Herzen der Bestie (Januar 2002), Zur Kritik der Arbeiterbewegung, des Marxismus und der Linken (März 2004) und Die Demokratie ist die Diktatur des Kapitals – Eine kommunistische Kritik der Demokratie (2009). Sehr verdienstvoll war auch die Herausgabe der Dokumente der Revolutionären Kommunisten Deutschlands unter dem Titel „Gegen den Strom!“ (Januar 2008) und die Wiederveröffentlichung des Textes von Accion Proletaria Spanien 1936/37. Der Mythos der „anarchistischen Kollektive (In: Red Devil (Hg.), Widerworte – Gegen die kapitalistische Verfasstheit der Gesellschaft. Historische Texte, Lübeck Februar 2010).
Zu den vorgezogenen Bundestagswahlen am 23. Februar 2025
Der demokratische Politrummel präsentiert mal wieder: Freie Wahlen
Wenn überall in den Städten und Dörfern unseres geliebten Staates Plakate mit den Gesichtern unserer noch mehr geliebten BerufspolitikerInnen hängen, wir bei Veranstaltungen ihren klugen Reden lauschen, dann wissen wir alle: Eine Sternstunde der Demokratie naht mal wieder. Freie Wahlen!
In der auch wir regierten ProletarierInnen – sowohl lohnabhängige als auch erwerbslose – durch die Stimmen-Arithmetik mitentscheiden können, wer den nationalkapitalistischen Saftladen Deutschland regiert. Regierte ProletarierInnen können ein klein wenig mitentscheiden, wer von den BerufspolitikerInnen, welche politische Parteien sie (mit)regieren! Was für ein gewaltiger zivilisatorischer Fortschritt!!! Kann es in der ganzen Galaxis etwas Schöneres geben als unsere Demokratie? Nur StaatsfeindInnen können diese Frage mit ja beantworten!
Zu den schlimmsten und blutrünstigsten Spaltern des Weltproletariats gehören das zionistische Regime in Israel und der palästinensische Nationalismus. Konkurrenzförmig-arbeitsteilig organisieren sie das permanente Gemetzel an der jüdischen und palästinensischen Zivilbevölkerung. Zum Gründungsakt des zionistischen Terrorregimes Israel im Jahre 1948 gehörte die nationalistische Vertreibung von 750.000 PalästinenserInnen. Ab 1967 hält der israelische Imperialismus die palästinensischen Gebiete Ostjerusalem, Westjordanland und Gazastreifen besetzt. Israel ist ein rassistischer Apartheidstaat. Er beutete das palästinensische Proletariat rassistisch extrahart aus und verhinderte die Entstehung einer palästinensischen ökonomischen Bourgeoisie. Es bildete sich lediglich eine erbärmliche palästinensische Politbourgeoisie, die einen eigen Nationalstaat anstrebt, der jedoch wie immer nur kapitalistisch-sozialreaktionär sein kann.
Der palästinensische Nationalismus ist ein struktureller Klassenfeind des Weltproletariats. Von der islamistischen Hamas über die Fatah/PLO bis zu den marxistisch-leninistischen Organisationen DFLP und PFLP. Sie sind alle zur Ermordung von jüdischen ZivilistInnen bereit. Der nationalistische Antizionismus geht fließend in Antijudaismus über. Die palästinensischen KleinbürgerInnen und ProletarierInnen sind für Hamas, PFLP und DFLP nur Manövriermasse, die sie in ihrem blutigen Konkurrenzkampf gegen Israel skrupellos opfern. Gegen die zionistische Unterdrückung hilft kein palästinensischer Nationalismus, sondern nur die mögliche soziale Weltrevolution, die von Israel wie von allen anderen Staaten nichts übrig lassen wird.
Ein gegenwärtiger und zukünftiger Kommunismus muss der kleinen Minderheit der SozialrevolutionärInnen in nichtrevolutionären Zeiten eine praktisch-geistige Orientierung geben (siehe Abschnitt IV), eine Gedankenskizze einer möglichen Weltrevolution (Abschnitt V) entwerfen, die vielleicht in einer globalen, klassen- und staatenlosen Gemeinschaft mündet (Abschnitt V). Theoretisches Werkzeug kann dabei nur die von marxistischen Dogmen gereinigte materialistisch-dialektische Weltbetrachtung sein. Die tiefe und klare Erkenntnis der Welt als Grundlage von deren praktischen Veränderung. Der gegenwärtige und zukünftige Kommunismus will nichts anderes als geistig-ethischer Ausdruck der radikalsten Teile des Proletariats sein, der von ihnen selbst geschaffen, ständig erneuert und verfeinert werden muss. Dabei bekommen die proletarischen RevolutionärInnen die Hilfe von den revolutionären Intellektuellen. Ihr gemeinsames geistiges Wirken, die kommunistische Theorie, stellt bereits heute eine Kulturrevolution dar (siehe Kapitel IV.4), indem sie alle Kategorien der kapitalistischen Warenproduktion und bürgerlichen Politik kritisiert, anstatt sie geistig-praktisch zu reproduzieren.
„Sowjet“-Russland im März 1921: Das staatskapitalistische Lenin/Trotzki-Regime erstickt den revolutionären Kronstädter Aufstand in einem Meer aus ArbeiterInnenblut. Mitteldeutschland im März 1921: Das Proletariat kämpft gegen die privatkapitalistische Konterrevolution. Der moskauhörige Partei-„Kommunismus“ in Form der „K“PD will auch in Deutschland das verwirklichen, was sich in „Sowjet“-Russland als sozialreaktionär erwiesen hatte, die politische Machteroberung ihres bürgerlich-bürokratischen Apparates. Moskau, die „Kommunistische“ Internationale („K“I) und die „K“PD betreiben auf dem Rücken des klassenkämpferischen Proletariats eine putschistische Politik – und es gelingt ihnen auch die ein Jahr vorher gegründeten antiparlamentarischen und gewerkschaftsfeindliche Organisationen KAPD und AAUD mit hineinzuziehen. Im März 1921 zeigte also der radikale Parteimarxismus seine totale Dekadenz als sozialrevolutionäre Theorie und Praxis.
Wie schmal der Grat zwischen Opportunismus und SektiererInnentum ist, auf dem sich SozialrevolutionärInnen bewegen, wird besonders deutlich, wenn sie auf der einen oder anderen Seite heruntergefallen sind. Sowie sie dies bemerken, sind Selbstkritik und Fehlerkorrektur angesagt. Damit der Weg auf dem schmalen Grat weitergeht.
Opportunistischer „Minimalkonsens“ in der Antikriegsfrage
So heißt es in unserer Schrift Für eine revolutionäre Antikriegsposition vom Januar 2024: „Das Vertreten von revolutionären Antikriegspositionen ist für die Antipolitisch-Sozialrevolutionäre Tendenz (AST) ein wichtiger praktisch-geistiger Impuls zur Radikalisierung des proletarischen Klassenkampfes und -bewusstseins. Wir halten es für richtig, möglich und notwendig, im Kampf gegen das permanente kapitalistische Abschlachten ein Bündnis mit anderen revolutionären Kräften (zum Beispiel: Links- und RätekommunistInnen sowie revolutionäre AnarchistInnen) einzugehen.
Nach Meinung der AST ist dafür ein Minimalkonsens einer revolutionären Antikriegsposition notwendig, die sowohl ein Absinken in den Sumpf des Sozialreformismus, der grundsätzlich nur den Kapitalismus und damit auch die Quelle der zwischenstaatlichen Konkurrenz reproduzieren kann, verhindert als auch gegen das SektiererInnentum schützt.
Wie wir bereits im Kapitel III.5 schrieben, entwickelte sich bereits innerhalb der KAPD der parteifeindliche Kommunismus heraus. Diese verkörperte damals den geistigen und praktisch wirksamen Höhepunkt des marxistischen Denkens in Deutschland. Bereichert um die praktischen Erfahrungen der Revolution und Konterrevolution ab 1918 erkannte diese Strömung den allgemein bürgerlichen Charakter der politischen Parteiorganisation. Das war auch der Hauptstreitpunkt zwischen dieser Strömung und der KAPD-Mehrheit. Davon abgeleitet war es die Frage des Verhältnisses zwischen KAPD und der „Kommunistischen“ Internationale als Werkzeug des sowjetischen Imperialismus. Die parteifeindliche Strömung um Otto Rühle und Franz Pfemfert begann auch 1920 als erste radikalmarxistische Tendenz die bolschewistisch-staatskapitalistische Parteidiktatur in „Sowjet“-Russland zu kritisieren und lehnte im Gegensatz zur damaligen KAPD-Mehrheit den Beitritt zu der von Moskau beherrschten sozialreaktionären „Kommunistischen“ Internationale ab. Die Trennung des parteifeindlichen Kommunismus von der KAPD erfolgte im Oktober 1920. Doch die parteifeindliche Strömung wirkte noch ein Jahr in der mit der KAPD verbundenen AAUD, bevor sie sich im Oktober 1921 in Form der Allgemeinen Arbeiter-Union-Einheitsorganisation (AAUE) ihre eigene Organisation schuf.
Boykott jüdischer Geschäfte 1. April 1933 und Flüchtlingscamp Jabalia in Gaza nach dem Raketenangriff 10.Oktober 2023
Gleich zu Beginn dieser Schrift sei hier angemerkt, dass wir den alten Begriff Antijudaismus zur Umschreibung des Chauvinismus gegen Jüdinnen und Juden benutzen. Und dies aus zwei Gründen. Erstens ist der Begriff „Antisemitismus“ wesentlich ungenauer. Juden und Jüdinnen sind nicht die einzigen SemitInnen, der sogenannte „Antisemitismus“ richtet sich jedoch meistens ausschließlich gegen die erstgenannten. Wir können einen religiösen und einen rassistischen sowie seit der Existenz des Staates Israel einen nationalistischen Antijudaismus unterscheiden, die sich in der Praxis durchmischten und durchmischen. Und zweitens ist „Antisemitismus“ zu einem Kampfbegriff des Prozionismus und des Staates Israel verkommen, der sich auch gegen israelkritische und antizionistische Jüdinnen und Juden richtet. Selbstverständlich gibt es auch einen gegen den Staat Israel gerichteten Antijudaismus, aber auch eine konsequente und radikale Kritik an Israel und am Zionismus, die nicht auf Antijudaismus beruht. Dazu gehört eindeutig unserer antinationaler Antizionismus, der den jüdischen Nationalismus genauso konsequent wie alle anderen Nationalismen – einschließlich des palästinensischen – bekämpft.
Wir wollen hier die Entwicklung des deutsch-niederländischen und des italienischen Linkskommunismus darstellen. Beginnen wir mit dem Linkskommunismus in Deutschland. Die meisten radikalmarxistischen ProletarierInnen und Intellektuellen waren in Deutschland vor dem Ersten Weltkrieg in der Sozialdemokratie desorganisiert. Sie waren objektiv das revolutionäre Feigenblatt einer sozialreformistischen – also sozialreaktionären! – Partei. Eine rühmliche Ausnahme war der spätere rätekommunistische Intellektuelle Franz Pfemfert, der schon vor 1914 das staatstragend-nationale Wesen der deutschen Sozialdemokratie in deutlichen Worten hart auseinandernahm (siehe auch Kapitel III.6). Seit Februar 1911 brachte er die radikale Zeitschrift Die Aktion heraus. Unsere heutigen antinationalen Positionen haben wir SozialrevolutionärInnen auch Pionieren wie Pfemfert zu verdanken. Auf die kapitalistische Zivilisationsbarbarei des Ersten Weltkrieges reagierte er mit der Gründung der kleinen, aber wichtigen Antinationalen Sozialistischen Partei (ASP).
Aber auch innerhalb der Sozialdemokratie radikalisierten sich die marxistischen Intellektuellen und ArbeiterInnen. Der radikale Marxist Karl Liebknecht überwand im Dezember 1914 als erster und einziger Reichstagsabgeordnete der SPD die Fraktionsdisziplin und stimmte gegen die Kriegskredite. Die radikalen MarxistInnen um Luxemburg und Liebknecht lehnten den imperialistischen Krieg aus revolutionärer Perspektive klar und grundsätzlich ab. Im März 1916 schlossen sich viele von ihnen zum Spartakusbund zusammen. In der SPD entwickelte sich neben dem Spartakus-Bund auch eine gemäßigtere Oppositionsgruppe, der sich schließlich auch Kautsky und Bernstein anschlossen. Diese Strömung befürwortete das globale Gemetzel zwar als „nationalen Verteidigungskrieg“, verurteilte aber dessen imperialistischen Charakter und richtete sich gegen jede Annexionsbestrebung. Diese schwammige Haltung war natürlich objektiv reaktionär. Anfang 1916 trennte sich im Reichstag diese gemäßigte Oppositionsströmung als „Sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft“ von der SPD-Fraktion. Im April 1917 schlossen sich die Sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft und der Spartakusbund zur Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) zusammen. Der Spartakusbund behielt zwar seine organisatorische Selbständigkeit, objektiv muss aber dessen Mitgliedschaft in diesem sozialdemokratischen Verein ganz klar als eine konservative Tendenz – besonders von Rosa Luxemburg – betrachtet werden. Und dass in einer Zeit, die den konsequenten Bruch mit der Sozialdemokratie erforderte.
BSW Führerin Sahra Wagenknecht hält auf der Friedensdemonstration in Berlin eine Rede, 3. Oktober 2024
Zur Friedendemonstration am 3. Oktober 2024 in Berlin
Der Pazifismus
Der Pazifismus tritt als bürgerliche Ideologie für Frieden und Kooperation zwischen den Staaten und für deren freiwillige kollektive Abrüstung ein. Das ist ein Berg aus Illusionen, der angesichts imperialistischer Gemetzel rasch in sich zusammenfällt. Zwischen kapitalistischen Staaten herrscht nun mal Konkurrenz und der Frieden zwischen ihnen ist lediglich die nichtmilitärische Form der Konkurrenz, der auf Hochrüstung beruht. Die Staaten werden niemals freiwillig kollektiv nennenswert abrüsten. Die Forderung an die Staaten, sie sollten das tun, ist illusorisch. Es kann nur eine wirkliche Abrüstung geben: die weltrevolutionäre Zerschlagung aller Staaten! Klassenkrieg statt bürgerlicher Frieden!
Bürgerlicher Frieden kann im Weltkapitalismus nur der Zustand zwischen den Kriegen sein. Die PazifistInnen behaupten Diplomatie sei eine Alternative zum imperialistischen Krieg. Dass die DiplomatInnen von denselben Staaten in Marsch gesetzt werden, die auch Armeen auf- und einmarschieren lassen, irritiert sie dabei nicht sonderlich. Die Diplomatie ist eine Waffengattung des nichtmilitärischen Konkurrenzkampfes, wo das wirtschaftliche und militärische Potenzial von Staaten als deren Basis immer die wichtigste Rolle spielt. Staatliche Diplomatie bereitet im Frieden den Krieg vor und im Krieg den Frieden, aber grundsätzlich verhindern kann und will sie den Krieg nicht.
Recent Comments