Während der Todeskrise des Staatskapitalismus wurde der Marxismus-Leninismus auch als sozialreaktionäre Ideologie und Praxis dekadent. Neue linksreaktionäre Regimes am Ende des 20. Jahrhunderts/am Anfang des 21. Jahrhunderts bewegten sich vollständig im Rahmen des Privatkapitalismus.
Die opportunistische Anpassung der politischen Linken an den Privatkapitalismus führte zu der ideologischen Ideologie-Suppe, die wir als Rechtsmarxismus-Linkskeynesianismus bezeichnen. Er tritt für starke staatskapitalistische und staatsinterventionistische Tendenzen innerhalb des Privatkapitalismus ein. Und bekämpft in der Ideologieproduktion den „Neoliberalismus“, also eine Politik der Privatisierung großer Teile des Staatssektors der Wirtschaft, der gesetzlichen Deregulierung vieler Märkte und der Sozialkürzungen.
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Der Marxismus-Leninismus ist die Herrschaftsideologie der Staatsbourgeoisie in den staatskapitalistischen Ländern und die von bürgerlich-bürokratischen Parteiapparaten im Privatkapitalismus. Seit 1924 bezeichnete die „Kommunistische“ Partei der Sowjetunion („K“PdSU) sich selbst als marxistisch-leninistisch. Der Marxismus-Leninismus ist die Verkörperung der staatskapitalistisch-reaktionären Tendenzen bei Marx und Engels, aber auch die praktische Verneinung der revolutionären Tendenzen des Marxismus. Er ist nichts anderes als rotlackierter Antikommunismus. Seine Behauptung, er wäre „wissenschaftlicher Kommunismus“ ist eine schmutzige Lüge, mit der der Marxismus-Leninismus sich selbst und das Weltproletariat betrügt. Indem er staatskapitalistische Regimes ideologisch als „sozialistische Staaten“ verklärt – so wie der privatkapitalistische Antikommunismus – ist er Teil des geistigen Überbaues des globalen Kapitalismus.
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Dem Bolschewismus gelang es im Oktober 1917 – nach dem alten russischen Kalender – als kleinbürgerlich-radikale Strömung der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung auf dem Rücken des klassenkämpferischen Proletariats die politische Macht zu erobern und eine staatskapitalistische Parteidiktatur zu errichten. Schauen wir uns diesen Prozess genauer an. Bis einschließlich des Linkskommunismus (siehe Kapitel III.5) idealisiert der Parteimarxismus den Bolschewismus vor seiner politischen Machtübernahme als eine angeblich „proletarisch-revolutionäre“ Partei.
Der von Lenin geführte Bolschewismus war eine kleinbürgerlich-radikale Strömung innerhalb der russischen Sozialdemokratie, während der Menschewismus eine kleinbürgerlich-reformistische war. Russland vor 1917 war noch eine Agrarnation, in der die kapitalistische Industrialisierung noch in ihren Kinderschuhen steckte. Allerdings war die russische Industrieproduktion in riesigen Großbetrieben konzentriert. Das russische Proletariat war zwar zahlenmäßig noch sehr schwach, aber sehr klassenkämpferisch, was es bereits in der Revolution von 1905 zeigte. Die russische Sozialdemokratie – Menschewismus und Bolschewismus – stellte der politideologisch entfremdete Ausdruck des proletarischen Klassenkampfes dar. Der Menschewismus passte sich an die schwache russische Bourgeoisie an, die mit den GroßgrundbesitzerInnen ökonomisch und politisch stark verschmolzen war. Die russische Sozialdemokratie konnte sich in keine parlamentarische Demokratie integrieren, weil es diese in Russland nicht gab. Der Zarismus stellte eine Mischung aus asiatischem Despotismus und europäischem Absolutismus dar, und wie letzterer die Staatsform einer Übergangsgesellschaft vom Feudalismus zum Industriekapitalismus. Die von Lenin geformte bolschewistische Partei war eine kleinbürgerlich-radikale Umsturzkraft in einem Land mit einer noch schwachen Bourgeoisie, die deshalb von der erstgenannten überwunden werden konnte.
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Unter der globalen Sozialdemokratie verstehen wir im weitesten Sinne jene Strömung, die historisch gesehen aus dem politischen Flügel der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung entstanden ist und einen parlamentarischen Sozialreformismus betreibt. Wir unterscheiden zwischen einer radikalen Sozialdemokratie, die in Worten „antikapitalistisch“ auftritt, aber deren parlamentarisch-sozialreformistische Praxis nur die bürgerliche Politik und die kapitalistische Warenproduktion reproduzieren kann und einer offen prokapitalistischen. So haben einige heutige sozialdemokratische Parteien wie zum Beispiel in Deutschland die SPD und Die Linke eine solche verbalradikale Vergangenheit. Während dieser trat die Sozialdemokratie für eine politische Eroberung des Staates durch das Proletariat und die Verstaatlichung der großindustriellen Produktionsmittel ein. Das war sozusagen das Maximalziel der verbalradikalen Sozialdemokratie. Dies erwies sich in der Praxis des Partei-„Kommunismus“, des Marxismus-Leninismus, der sich als radikale Abspaltung der Sozialdemokratie entfaltete und in einigen Ländern Eurasiens, Afrikas und auf Kuba die politische Staatsmacht erkämpfte, als staatskapitalistisch-sozialreaktionär. Weil sowohl Marxismus-Leninismus als auch Trotzkismus als die beiden Hauptströmungen des Parteimarxismus geschichtlich aus der Sozialdemokratie stammen und weiterhin parlamentarischen Sozialreformismus betreiben – die sie mit einer mehr oder weniger radikalen Rhetorik verrühren – kann mensch sie durchaus als radikal-sozialdemokratisch bezeichnen. Dagegen passte und passt sich der rechte Flügel der Sozialdemokratie immer stärker an den Privatkapitalismus an und verbürgerlichte total – das heißt, er legte die verbale Radikalität ab wie eine zu eng gewordene Jacke.
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Die Gewerkschaften sind die im Weltkapitalismus vorherrschende Organisationsform des reproduktiven Klassenkampfes. Reproduktive Klassenkampforganisationen können nur den Vermietungspreis der Arbeitskraft, die Löhne, aber nicht das Lohnsystem überwinden. Sie können die Bedingungen der Ausbeutung verbessern (Kürzung der Arbeitszeit, mehr Urlaub, Bezahlung von Krankentagen, Verringerung der Arbeitsintensität, Mindeststandards beim Personal…), aber diese nicht grundsätzlich aufheben. Letzteres ist die Aufgabe der revolutionären Klassenkampforganisation des Proletariats, die sich nur in und mit der möglichen sozialen Revolution herausbilden können (siehe Kapitel V.3). Solange der Klassenkampf innerhalb des Kapitalismus geführt wird, sind nur reproduktive Klassenkampforganisationen möglich. Diese müssen sich vollständig an die reproduktiven Grenzen des Klassenkampfes anpassen, sonst können sie ihn nicht organisieren und führen. Anders die sozialrevolutionäre Minderheit der Lohnabhängigen. Diese nehmen selbstverständlich am Klassenkampf teil, ohne sich an dessen reproduktiven Grenzen anzupassen. Sie wollen nicht den reproduktiven Klassenkampf führen oder organisieren, sondern mithelfen ihn zu radikalisieren – über die den Kapitalismus reproduzierenden Grenzen hinaus. Ständige reproduktive Klassenkampforganisationen mit zu organisieren, heißt dagegen zwangsläufig sich opportunistisch an Kapital, Staat und das sozialreformistische Klassenbewusstsein der Mehrheit des Proletariats anzupassen.
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Die extreme Verschärfung der zwischenstaatlichen Konkurrenz
Die internationale Staatengemeinschaft des Weltkapitalismus beruht auf der kooperativen Konkurrenz und der konkurrenzförmigen Kooperation der kapitalistischen Nationen. Letztere sind Zwangsgemeinschaften aus Kapital und Lohnarbeit, die durch die nationalistische Ideologie und die Praxis des Nationalstaates am Leben gehalten werden. Nationen sind also Scheingemeinschaften aus AusbeuterInnen und Ausgebeuteten, UnterdrückerInnen und Unterdrückten.
Der Nationalismus nutzt der herrschenden kapitalistischen Klasse, der Bourgeoisie (KapitalistInnen, WirtschaftsmanagerInnen, hohe BerufspolitikerInnen und SpitzenbeamtInnen des Staates), um die Lohnabhängigen in der zwischenstaatlichen Konkurrenz gnadenlos zu verheizen.
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Der Weltkapitalismus existiert nur als Interaktion der Nationalstaaten. Nationen sind Scheingemeinschaften aus Kapital und Lohnarbeit, die auf bestimmten Territorien von entsprechenden Staaten zusammengehalten werden. Sie sind Kunstprodukte kapitalistischer Politik, die aus den sich gegenseitig bekämpfenden Klassen und untereinander konkurrierenden Marksubjekten auf einem bestimmten Territorium den Schein einer Gemeinschaft formt. Die Vergesellschaftung der untereinander konkurrierenden Marktsubjekte – einschließlich der proletarischen – ist nur eine indirekte, die über Ware-Geld-Beziehungen und den politischen Gewaltapparat hergestellt wird. Einige Nationen berufen sich auf relativ homogene Sprach-, Kultur- und Religionsgemeinschaften, mit denen sie jedoch nicht identisch sind. Letztere haben eine vorkapitalistisch-vornationale Geschichte – sowohl innerhalb des Urkommunismus als auch in vorindustriekapitalistischen Klassengesellschaften. So ist zum Beispiel die deutsche Sprach- und Kulturgemeinschaft nicht mit dem Nationalstaat Bundesrepublik Deutschland identisch. Das wird auch aus dem Aspekt offensichtlich, dass die deutsche Sprach- und Kulturgemeinschaft auch den Nationalstaat Österreich dominiert. Manche Nationalstaaten bestehen auch aus mehreren Sprach- und Kulturgemeinschaften. So werden im Nationalstaat Schweiz deutsche, französische und italienische Sprach- und Kulturgemeinschaft auf diesem Gebiet zusammengefasst.
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Die AST hat ihre theoretische Plattform zur geistigen Orientierung für antipolitische SozialrevolutionärInnen veröffentlicht. Sie ist hier käuflich erhältlich (1. Teil und 2. Teil). Wir werden sie auch nach und nach auf dieser Homepage veröffentlichen.
Einleitung
Mit der Veröffentlichung unserer Plattform möchten wir, die Antipolitisch-Sozialrevolutionäre Tendenz (AST), einen geistigen Impuls zur Radikalisierung des Klassenkampfes leisten. Wir sind uns natürlich bewusst, dass der Hauptimpuls zur Radikalisierung des bewussten Seins des Proletariats dessen eigene Klassenkampfpraxis ist. Auch wissen wir, dass die Wirkung einer Schrift wie Die Möglichkeit der Weltrevolution in nichtrevolutionären Zeiten nur gering sein kann. Aber gerade in solchen reaktionären Zeiten ist revolutionäre Theorie so wichtig – als Ausblick auf ein mögliches zukünftiges bewusstes Sein der Revolution und einer klassen- und staatenlosen Weltgemeinschaft.
Im 1. Teil unserer Plattform analysieren und kritisieren wir den Kapitalismus in seiner geschichtlichen Entstehung und Bewegung. Wir beleuchten die Entstehung der Politik als staatsförmige Organisation der Klassengesellschaft – und dass es in ihrem Rahmen für das Proletariat keine soziale Befreiung von kapitalistischer Ausbeutung und staatlicher Elendsverwaltung geben kann. Auch nicht isoliert im Rahmen der Nation. Nur antipolitisches und antinationales Bewusstsein ist auch wirklich antikapitalistisch.
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Staaten waren und sind die politischen Gewaltapparate der jeweils sozialökonomisch herrschenden Klassen. Im Kapitalismus sind die bürgerlichen Staaten politische Gewaltapparate der Kapitalvermehrung. Auch die sogenannten „sozialistischen“ Staaten, die von sogenannten „Kommunistischen“ Parteien regiert wurden oder werden, waren oder sind in Wirklichkeit privat- oder staatskapitalistische Länder. Dazu weiter unten etwas ausführlicher.
Aber
zunächst zur ökonomischen Basis der bürgerlichen Staaten: der
kapitalistischen Produktionsweise. Im Privatkapitalismus gehören die
meisten Firmen EinzelkapitalistInnen oder Kapitalgesellschaften. Der
Kapitalismus beruht auf der Ausbeutung der Lohnarbeit. Die globale
Klasse der LohnarbeiterInnen ist der Kern des Weltproletariats. Zum
Weltproletariat gehören global alle Menschen, die weder Produktions-
noch Handelsmittel besitzen und keine leitenden Funktionen (zum
Beispiel VorarbeiterInnen oder AbteilungsleiterInnen), höher
qualifizierte lohnabhängige Funktionen (zum Beispiel IngenieurInnen,
ÄrztInnen und WissenschaftlerInnen) oder repressiven Funktionen in
der Privatwirtschaft und im Staatsapparat (wie beispielsweise
Werkschutz, Polizei, Geheimdienst oder Armee) ausüben. Menschen mit
letztgenannten Funktionen gehören zum lohnabhängigen
KleinbürgerInnentum. Alle anderen LohnarbeiterInnen sind Teil des
Weltproletariats. Außerdem gehören zu letzteren auch die
nichtlohnarbeitenden proletarischen Unterschichten. Wie zum Beispiel
die noch nicht lohnarbeitenden Kinder und Jugendliche in
proletarischen Familien, RentnerInnen als ehemalige
LohnarbeiterInnen, innerfamiliäre HausarbeiterInnen in
proletarischen Familien (vorwiegend Frauen) und Arbeitslose.
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Die Ukraine war lange Bestandteil des russländischen und sowjetischen Imperiums. Dagegen kämpften ukrainische NationalistInnen. Der ukrainische Nationalismus war genauso reaktionär wie der russländische beziehungsweise der sowjetische Imperialismus. Sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg war der ukrainische Nationalismus eine Spielkarte in der Hand des deutschen Imperialismus. Gorbatschows Perestroika führte zur Kapitulation des sowjetischen Imperialismus im ersten Kalten Krieg und 1991 zum Zerfall der Sowjetunion. Dadurch entstanden sowohl Russland als auch die Ukraine als neue Nationalstaaten. Zwischen dem kollektiven Westen und Russland entfaltete sich am Anfang eine begrenzte Kooperation. Vor allem aber nutzte der westliche Imperialismus die Todeskrise des sowjetischen Staatskapitalismus beziehungsweise die Transformationskrise zum Privatkapitalismus in Russland zu einer Ostexpansion von EU und NATO, also in der vorherigen Einflusssphäre des Kremls, aus. Auch den imperialistischen Angriffskrieg gegen Jugoslawien 1999 führte die NATO gegen den Willen Moskaus.
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