11. Sein und Bewusstsein des Proletariats
Das Proletariat ist nicht nur ein potenzielles und tendenzielles Klassenkampfkollektiv. Es zerfällt auf den verschiedenen Arbeits- und Konsumgütermärkten in auch gegeneinander konkurrierende Marktindividuen. Als VermieterInnen ihrer Arbeitskraft und KäuferInnen von Konsumgütern sind auch ProletarierInnen kleinbürgerliche Marktsubjekte und mintunter ekelhaft Konkurrenzindividuen. Als letztere sind sie auch anfällig für die Ideologien des Konkurrenzchauvinismus wie Nationalismus, Rassismus, Sexismus und religiösen Fundamentalismus. Besonders als NationalistInnen und RassistInnen führen nicht wenige ProletarierInnen weltweit einen chauvinistischen Konkurrenzkampf gegen ProletarierInnen anderer Nationalität und/oder Hautfarbe. Nationalistische und rassistische ArbeiterInnen beziehen sich positiv auf ihre „eigene“ Nationalität beziehungsweise Hautfarbe und fordern auf dieser Grundlage wirkliche oder vermeintliche Rechte von Kapital und Staat ein. Sie verlangen in „ihrem“ Land auf dem Arbeitsmarkt und dem Wohnungsmarkt bevorzugt behandelt zu werden. Nicht wenige ProletarierInnen „sehen“ eine nichtvorhandene Bevorzugung der „fremden“ ProletarierInnen durch die einheimischen Politbonzen. Die objektiv reale soziale Entfremdung des Proletariats vom kapitalistischen Produktionsprozess und der bürgerlichen Politik wird nationalistisch und rassistisch uminterpretiert. Nationalistische und rassistische ProletarierInnen fühlen sich „fremd im eigenen Land“. Sie glauben, dass es ihnen deshalb schlecht gehe, weil es „den Fremden“ angeblich zu gut gehen würde. Wenn das linksliberale BildungsbürgerInnentum im Namen eines abstrakten Humanismus gegen diesen konkreten Konkurrenzchauvinismus argumentiert, dringt sie damit bei großen Teilen des Proletariats nicht durch.
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