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Archive for June, 2024

11. Sein und Bewusstsein des Proletariats

June 22nd, 2024 No comments

Das Proletariat ist nicht nur ein potenzielles und tendenzielles Klassenkampfkollektiv. Es zerfällt auf den verschiedenen Arbeits- und Konsumgütermärkten in auch gegeneinander konkurrierende Marktindividuen. Als VermieterInnen ihrer Arbeitskraft und KäuferInnen von Konsumgütern sind auch ProletarierInnen kleinbürgerliche Marktsubjekte und mintunter ekelhaft Konkurrenzindividuen. Als letztere sind sie auch anfällig für die Ideologien des Konkurrenzchauvinismus wie Nationalismus, Rassismus, Sexismus und religiösen Fundamentalismus. Besonders als NationalistInnen und RassistInnen führen nicht wenige ProletarierInnen weltweit einen chauvinistischen Konkurrenzkampf gegen ProletarierInnen anderer Nationalität und/oder Hautfarbe. Nationalistische und rassistische ArbeiterInnen beziehen sich positiv auf ihre „eigene“ Nationalität beziehungsweise Hautfarbe und fordern auf dieser Grundlage wirkliche oder vermeintliche Rechte von Kapital und Staat ein. Sie verlangen in „ihrem“ Land auf dem Arbeitsmarkt und dem Wohnungsmarkt bevorzugt behandelt zu werden. Nicht wenige ProletarierInnen „sehen“ eine nichtvorhandene Bevorzugung der „fremden“ ProletarierInnen durch die einheimischen Politbonzen. Die objektiv reale soziale Entfremdung des Proletariats vom kapitalistischen Produktionsprozess und der bürgerlichen Politik wird nationalistisch und rassistisch uminterpretiert. Nationalistische und rassistische ProletarierInnen fühlen sich „fremd im eigenen Land“. Sie glauben, dass es ihnen deshalb schlecht gehe, weil es „den Fremden“ angeblich zu gut gehen würde. Wenn das linksliberale BildungsbürgerInnentum im Namen eines abstrakten Humanismus gegen diesen konkreten Konkurrenzchauvinismus argumentiert, dringt sie damit bei großen Teilen des Proletariats nicht durch.

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10. Klassenübergreifende Protestbewegungen

June 3rd, 2024 No comments

Klassenübergreifender Protest nimmt oft die Form der sozialen Straßenbewegung an. Es gibt auch Straßenbewegungen, die klar von den proletarischen Unterschichten dominiert werden, wie zum Beispiel Jugendrevolten (zum Beispiel in London im August 2011), Ghettoaufstände (so im Herbst 2005 in Frankreich in der Banlieue von Paris) oder militante Arbeitslosenbewegungen (wie in der Weltwirtschaftskrise ab 1929 in den USA). Beispielsweise entwickelte sich ab November 2018 in Frankreich die stark proletarisch geprägte Straßenbewegung der Gelbwesten. Diese organisierte ein Jahr lang militante Demonstrationen. Eine starke Verbindung von Klassenkampf und vom Proletariat dominierte Straßenbewegungen geht von branchenübergreifenden Streiks aus. Lohnabhängige streben von ihren Arbeitsorten auf die Straßen und öffentlichen Plätzen, um ihren sozialen Protest zum Ausdruck zu bringen. Sie demonstrieren gemeinsam mit nichtlohnarbeitenden ProletarierInnen und unzufriedenen kleinbürgerlichen Schichten. Auf einen oder zwei Tage begrenzte Generalstreiks, noch deutlicher branchenübergreifende Erzwingungsstreiks bringen die Möglichkeit zum Ausdruck, dass das klassenkämpferische Proletariat potenziell zum Gravitationszentrum des sozialen Protestes werden kann. Dies kann jedoch nur in einer möglichen sozialen Revolution geschehen.

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