13. Die vom Kapitalismus produzierte ökosoziale Krise
Die kapitalistische Produktionsweise ist der Höhepunkt dieser lebensfeindlichen Entwicklung. Sie brachte mit den Atombomben Waffen hervor, die die Potenz haben alles menschliche Leben auszulöschen. Der atomare Overkill ist nicht die einzige Form der möglichen kapitalistischen Ausrottung der ganzen Menschheit. Auch die von der kapitalistischen Produktionsweise produzierte permanente ökologische Krise hat leider das Zeug dazu. Eine Produktionsweise, die notwendigerweise darauf beruht, dass sich der abstrakte Reichtum in Form des verselbständigten Tauschwertes, des Geldes, unaufhörlich in den Händen der Bourgeoisie vermehrt, ist strukturell unfähig zu einer ökologischen Nachhaltigkeit. Die kapitalistische Produktionsweise hat bisher unzählige Menschen, Tiere und Pflanzen für die permanente Kapitalvermehrung vernichtet – und sie hat die Potenz das bisherige Ökosystem, was auch die Lebensgrundlage für die Menschheit darstellt, unrettbar zu zerstören.
Die Menschen unterscheiden sich von den Tieren durch die bewusste und sich weiterentwickelnde Produktion von Werkzeugen, die Sprache und das begriffliche Denken. Alle drei Unterscheidungsmerkmale bildeten in der menschlichen Entwicklung eine untrennbare Einheit. Menschen passen sich an ihre Mitwelt an, indem sie diese verändern. Diese ständige Veränderung der nichtlebenden und lebenden Mitwelt, veränderte auch die Menschheit. Produktionsverhältnisse wurden im Verlauf der gesellschaftlichen Entwicklung zu Ausbeutungsverhältnissen der unmittelbaren ProduzentInnen durch verschiedene herrschende Klassen. Menschliche Produktivkraftentwicklung ist in der Klassengesellschaft auch die Entwicklung von Zerstörungskräften, die sich gegen das pflanzliche, tierische und menschliche Leben richten. Das ist nicht nur an der technologischen Entwicklung von Mordwerkzeug zu studieren, sondern an dem gesamten technokratischen „Fortschritt“. Produktionsmittel sind in der Klassengesellschaft gleichzeitig Zerstörungsmittel der unmittelbaren ProduzentInnen sowie der pflanzlichen und tierischen Mitwelt.
Die gefährlichsten Ausdrücke der vom Kapitalismus produzierten permanenten ökosozialen Krise sind das Artensterben, die menschlich erzeugte Klimaveränderung und die Zoonosen. Durch die Vernichtung unzähliger Pflanzen- und Tierarten durch die kapitalistische Produktionsweise ist letztendlich auch die menschliche Ernährung gefährdet. So veröffentlichte am 6. Mai 2019 der Weltbiodiversitätsrat IPBES einen Bericht zur Situation der biologischen Vielfalt auf unserem Planeten, aus dem hervorging, dass sich das Artensterben extrem beschleunigen werde. Bis zu eine Million Arten könnten aussterben, viele bereits in den kommenden Jahrzehnten.
Auch Nordamerika ist ein Ort des Artensterbens. Im Jahre 2019 ging die Information durch die Medien, dass in Nordamerika innerhalb weniger Jahrzehnte die Existenz von Vögeln um fast drei Milliarden gesunken ist. ForscherInnen berichteten im Fachblatt „Science“, dass die Populationen an Vögeln in den USA und Kanada seit 1970 um insgesamt 29 Prozent zurückgegangen sind. Mehr als 90 Prozent dieses Schrumpfens entfielen auf zwölf weitverbreitete Vogelarten wie zum Beispiel Finken, Schwalben und Spatzen. Diese Vögel haben einen großen Einfluss auf das Ökosystem und die Nahrungskette indem sie Samen verteilen und für die menschliche Agrarproduktion bestimmte „Schädlinge“ vertilgen.
Zu den Hauptursachen der Reduzierung der Vögelpopulationen gehören kleiner werdende Lebensräume, die Intensivierung der kapitalistischen Agrarproduktion und die Urbanisierung. Der Ornithologe Rosenberg sagte dazu: „Heute sieht man Maisfelder, die sich bis zum Horizont erstrecken. Alles ist keimfrei und mechanisiert, für Vögel, Wildtiere und Natur ist kein Platz mehr.“ (Zitiert nach Vogelsterben in den USA und Kanada, zdfheute vom 20. September 2019, zdf-de-cdn.ampprojekt.orc.) Durch die massive Verwendung von Pestiziden vernichtet die kapitalistische Agrarproduktion viele Insekten und damit die Nahrungsquelle für die Vögel. Aber auch freilaufende Hauskatzen und tödliche Flüge gegen Glasscheiben verringern deren Bestand.
Neben dem Artensterben bewirkte der Industriekapitalismus auch eine gefährliche Veränderung des Klimas. Und dies vor allem durch die Produktion und Freisetzung von Treibhausgasen. Diese sind Spurengase, die zum Treibhauseffekt unseres Planeten beitragen. Sie sind sowohl natürlichen Ursprungs als auch durch die kapitalistische Produktionsweise hervorgerufen. Treibhausgase absorbieren einen Teil der vom Boden abgegebenen langwelligen (infraroten) Wärmestrahlung (thermische Strahlung), die ansonsten in das Weltall entweichen würde. Dabei nehmen sie Energie auf und emittieren diese entsprechend ihrer lokalen Temperatur vorwiegend als Wärmestrahlung. Deren zur Erde gerichteter Anteil ist die atmosphärische Gegenstrahlung, die die Erdoberfläche zusätzlich zum kurz- bis langwelligen Sonnenlicht erwärmt. Die natürlichen Treibhausgase, besonders Wasserdampf, heben die durchschnittliche Erdoberflächentemperatur auf +15° C an. Ohne den natürlichen Treibhauseffekt würde die Durchschnittstemperatur der Erdoberfläche lediglich -18° C betragen, was ein höher organisiertes Leben schwierig machen würde.
Doch der Industriekapitalismus produziert in einem solchen Maße Treibhausgase (Kohlendioxid – entsteht durch die Verbrennung der fossilen Energieträger Kohle, Gas und Öl –, Methan, Lachgase, Aerosole und Rußpartikel), dass die Durchschnittstemperatur der Erdoberfläche gefährlich erhöht wird. Die Durchschnittstemperatur stieg im Verglich zu 1850 bis 1900 bis zu den 2010er Jahren nach Angaben des Weltklimarates etwa um 1,1 °C. Die beiden Jahre 2016 und 2020 waren mit minimalen Temperaturunterschieden die zwei wärmsten seit Beginn der systematischen Messungen im Jahre 1880. Diese Erderwärmung von 1951 bis 2010 wurde mindestens zu 93 bis 123 Prozent durch die Menschheit, genauer: durch die kapitalistische Produktionsweise, verursacht. Dass die Wirkung des Menschen auf die Erderwärmung über 100 Prozent liegt, heißt, dass natürliche Faktoren diese teilweise kompensieren.
Der Klimawandel hat bereits jetzt spürbare Folgen. Unter anderem in den USA. Eine Folge des Klimawandels ist die Zunahme extremer Wetterlagen wie zum Beispiel Dürreperioden, Starkregen, Stürme… Nach Äußerungen von US-Präsident Joe Biden haben die extremen Wetter-Ereignisse im Jahre 2020 in den USA Kosten von 99 Milliarden Dollar verursacht. Während im Westen der USA die Trockenheit zunimmt, die zu verheerenden Waldbränden führt, nehmen im Osten des Landes Starkregenfälle und tropische Stürme zu. Auch an der Küste von Louisiana ist der Klimawandel schon deutlich zu spüren. So nehmen Wirbelstürme zu und der Wasserspiegel steigt. Durch den Anstieg des Wasserspiegels verschwindet nach und nach das Sumpfgebiet. An 1,5 Tagen geht auf diese Weise durchschnittlich Sumpfland von der Größe eines Fußballfeldes verloren. Was heute noch Sumpf ist, könnte in einer Woche schon offenes Wasser sein. Doch viele Menschen sind in diesem Gebiet auf das Marschland als Schutz vor einer Sturmflut angewiesen. Weil der Klimawandel immer heftigere und häufigere Hurricanes verursacht, haben bereits viele Menschen die Küsten Louisianas verlassen.
Die globalen Folgen eines weiteren Klimawandels – von denen bereits jetzt einige schon Tatsachen sind – werden steigende Meeresspiegel, Gletscherschmelze, eine Verschiebung von Klimazonen, Vegetationszonen und Lebensräumen, ein verändertes Auftreten von Niederschlägen, stärkere oder häufigere Waldbrände und Wetterextreme wie Überschwemmungen, Stürme und Dürren sein. Auch die stärkere Ausbreitung von Parasiten und tropischen Krankheiten wird eine Folge des Klimawandels sein. Die Umweltflucht wird ebenfalls zunehmen. Wie stark die Durchschnittstemperatur auf unserem Planeten zunimmt, hängt besonders von der Menge an Treibhausgasen ab, die in Zukunft ausgestoßen werden. Im Jahre 2007 ging der Intergovermental Panel on Climate Change im Fünften Sachstandsbericht davon aus, dass sich die weltweite Durchschnittstemperatur bis in das Jahr 2100 abhängig von den weiteren Emissionen um 1,5 bis 4,5 Grad erhöht. Der Trend zu einer immer höheren Durchschnittstemperatur wird die Ökosysteme und mit ihnen Milliarden Menschen enorm belasten. Zum Beispiel hinsichtlich der Wasserversorgung. Durch die globale Erwärmung wird auch das Artensterben beschleunigt. Der Klimawandel kann zu einer für die Menschheit lebensfeindlichen Heißzeit führen.
Der planetare Anstieg des Meeresspiegels ist auch eine Folge des Klimawandels. Im 20. Jahrhundert stieg der globale Meeresspiegel etwa um 15 Centimeter. Durch den Klimawandel beschleunigte sich der Anstieg. Wenn mensch den Zeitraum von 2006 bis 2015 zugrunde legt, steigt der globale Meeresspiegel zurzeit um rund 3,6 Millimeter pro Jahr. Dies gefährdet das küstennahe Leben von Menschen.
Zu der vom Kapitalismus produzierten permanenten biosozialen Reproduktionskrise gehören auch die Zoonosen. Das sind von Tieren zu Menschen und von Menschen zu Tieren übertragbare Infektionskrankheiten. Die industriekapitalistische Massentierhaltung, die Jagt und der Verzehr von Wildtieren und das Abholzen von Wäldern fördern die Zoonosen. Auch die globale COVID-19-Pandemie ab 2019 ist eine Zoonose. Diese weltweite Pandemie ist sowohl ein Ausdruck als auch eine extreme Verschärfung der biosozialen Reproduktionskrise. Das Coronavirus wurde von Fledermäusen – wahrscheinlich über Zwischenwirte – auf den Menschen übertragen. Und die globale Fleischindustrie und die zunehmende Entwaldung bereiten weitere potenziell hochgefährliche Zoonosen und Pandemien vor…
Fazit: Nichts deutet daraufhin, dass die permanente ökosoziale Krise vom Weltkapitalismus gelöst werden könnte. Dagegen ist eine für die gesamte Menschheit tödliche Zuspitzung der biosozialen Reproduktionskrise durchaus möglich. Sehr wahrscheinlich kann die ökosoziale Krise nur durch eine mögliche klassen- und staatenlose Weltgemeinschaft, wie sie aus einer siegreichen globalen sozialen Revolution hervorgehen kann, gelöst werden. Der technologische „Fortschritt“ ist im Kapitalismus so sozialreaktionär und naturzerstörerisch geworden, dass er die menschliche, tierische und pflanzliche Existenz bedroht.
Es kann natürlich nicht um ein mystisches „Zurück zur Natur“ gehen. Allerdings um einen bewussten Eingriff in die belebte und unbelebte Mitwelt. Dazu ist der Kapitalismus aber grundsätzlich nicht fähig. In der Warenproduktion, in der es letztendlich um die unaufhörliche Vermehrung des Tauschwertes geht, sind ein verantwortungsvoller Umgang mit Menschen, Tieren und Pflanzen nur ein Kostenfaktor für die Einzel- und Nationalkapitale, die den angeeigneten Mehrwert schmälern. Die bürgerlichen Konkurrenzsubjekte schieben sich die Verantwortung für die Naturzerstörung gegenseitig zu. Das Kapital muss vermehrt werden, koste es, was es wolle! Und es kostet… Vielleicht unser aller Leben?
Die Bourgeoisie reagiert auf die permanente ökosoziale Krise auf technokratische Weise. Klar, sie will und kann die kapitalistischen Produktionsverhältnisse nicht verändern. So bleibt ihr nur ein technokratischer Ansatz. Jahrzehntelang hat die internationale kapitalistische Technokratie den Verkehr immer stärker von der Schiene auf die Straße und in die Luft verlegt – und auf diese Weise zur Klimaveränderung, Waldvernichtung und Artensterben beigetragen. Jetzt soll der Übergang vom Benzinmotor zum Elektroantrieb den Automobilverkehr grün waschen – auf das weiterhin Wälder für neue Autobahnen und den Ausbau der alten abgeholzt werden! Es lebe die Elektromobilität – egal wie viele Menschen und Tiere totgefahren werden! Auch die von der kapitalistischen Technokratie organisierte Umstieg von der fossilen Energiegewinnung zur erneuerbaren ist viel zu langsam und inkonsequent, um den Klimawandel wirklich auch nur einzudämmen.
Frankreich versucht sogar die verdammt gefährliche „friedliche Nutzung der Atomenergie“ grün zu waschen und auszubauen. Doch die „friedliche“ Nutzung dieser von den Menschen nicht völlig beherrschbaren Technologie erzeugt bereits im störungsfreien Zustand durch Atomkraftwerke eine radioaktive Niedrigstrahlung, die für viele menschliche Gesundheitsschäden und Tode, für Krebserkrankungen und Immundefekte, verantwortlich ist. Von der Gefahr von Störfällen in Atomkraftwerken wie beispielsweise in Tschernobyl 1986 oder in Fukushima 2011 ganz zu schweigen. Die „friedliche Nutzung“ der Atomtechnologie ist Teil des Klassenkrieges der Bourgeoisie für den Maximalprofit, der unser aller Überleben gefährdet. Deshalb reicht es auch nicht, aus besonders gefährlichen kapitalistischen Technologien wie der Kohle- und Atomkraft auszusteigen. Wir müssen aus der hypergefährlichen, sozialreaktionären und mitweltvernichtenden Kapitalvermehrung, dieser unaufhörlichen Anhäufung des abstrakten Reichtums in Form des Geldes als Dreh- und Angelpunkt einer ganzen Produktionsweise, raus! Konsequenter Schutz des globalen Ökosystems geht nur antipolitisch-sozialrevolutionär! Entreißen wir den blauen Planeten der Weltbourgeoisie, um ihn als Träger des Lebens zu retten!
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